Familie und Studium
„Richard Ziegler stammt von fränkischen und alemannischen Bauern ab. Einer der Großväter war ein Kupferschmied, der andere ein Leineweber. Die Geduld mit dem Handwerk, das man betreibt, hat er von ihnen gelernt, die Geduld von der Natur, von der man abhängt. Der einwandfreie Ahnenpass hat ihn jedoch nicht daran gehindert, mit seiner jüdischen Frau außer Landes zu gehen, als das Land für Menschen seines Schlages unbewohnbar wurde.“ So beginnt eine Grußadresse zum 90. Geburtstag Zieglers aus der Feder des Schriftstellers Hans Sahl (1902-1993), der ebenfalls Deutschland 1933 verlassen hatte.
Richard Ziegler wurde als zweiter Sohn des Volksschullehrers Johann Georg Ziegler und dessen Frau Louise, geb. Weber, am 3. Mai 1891 in Pforzheim geboren. Die Familie lebte in der Schulze-Delitzsch-Straße 42. Sein Vater stammte aus Nonnenweier, heute eine Ortsteil von Schwanau im Ortenaukreis, seine Mutter aus Schillingstadt, heute Ortsteil von Ahorn im Main-Tauber-Kreis. Ihr erster Sohn, Richards wenige Jahre älterer Bruder Georg, starb bereits mit zehn Jahren.
Ein Bruder des Vaters war ebenfalls als Lehrer in Pforzheim tätig. Als Zeichenlehrer zählte er den in den Zwanziger Jahren als Maler und Radierer berühmten Hans Meid zu seinen Schülern.
Ein Bruder der Mutter, der Pforzheimer Realschullehrer Gustav Weber, erwarb 1901 die Höhere Handelsschule Calw, nach ihrem Gründer Carl Spöhrer auch Spöhrerschule genannt. Richard Ziegler, nach einer Verwundung im 1. Weltkrieg nicht wieder zum Wehrdienst eingezogen, arbeitete 1915 bis 1917 als Aushilfslehrer in der Schule seines Onkels.
1925 übernahmen Gustav Webers Söhne Erwin und Gustav die Schulleitung.
Richard Ziegler verband eine enge Freundschaft mit seinem Cousin Erwin, der letztlich auch die lebenslange Verbindung zur Stadt Calw zu verdanken ist.
Erwin Weber war Bewunderer und Anreger für Zieglers Kunst, förderte ihn durch Aufträge und ermöglichte ihm die ersten Italienreisen.
Ziegler legte 1910 am Pforzheimer Reuchlin-Gymnasium sein Abitur ab. Der sprachbegabte Abiturient erhielt danach Gelegenheit, in der Shakespeare Grammar School in Stratford upon Avon die englische Sprache perfekt zu erlernen. Ab 1911 studierte er auf Wunsch seines Vaters Philologie und Philosophie; erst im französischsprachigen Genf, danach bis 1914 an den Universitäten von Greifswald und Heidelberg. Nach der Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg setzte Richard Ziegler 1918 sein Studium in Heidelberg fort und wurde 1919 mit einer Arbeit „Über das Nachleben der altgermanischen Variation im mittelhochdeutschen Vers“ promoviert.